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Winterwandern Goldsteig - Anstrengend aber schön
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Wie viel Spaß macht eigentlich Winterwandern?

Damit meine ich nicht die kleine Schneeschuh-Tour über ein oder zwei Stunden oder die Skitour den Hausberg hinauf, sondern eine richtige und ausgewachsene Mehrtagestour durch Schnee und Eis.

Diese Frage habe ich mir Mitte Dezember gestellt, als es so langsam kalt wurde, und bin dann Anfang Januar mit meinem Freund Uwe losgezogen, um es bei einer Drei-Tages-Tour auf dem Goldsteig im Bayerischen Wald herauszufinden.

Ob es funktioniert und obendrein vielleicht sogar Spaß gemacht hat, könnt Ihr in diesem Artikel lesen.

Viel Spaß damit :-)

Winterwandern Goldsteig - Windspuren im Schnee

Am 3. Januar war es dann endlich soweit. Die Rucksäcke waren gepackt und auf den Rücken geschnallt und Uwe und ich standen in Passau, bereit, uns für die nächsten 3 Tage auf dem Goldsteig wiederzufinden.

Der Goldsteig ist ein Fernwanderweg, der sich, in Marktredwitz startend, auf 660 Kilometern durch den gesamten Oberpfälzer Wald und Bayerischen Wald bis nach Passau zieht. Südlich von Oberviechtach, genauer im Prackendorfer und Kulzer Moos teilt sich der Weg dann in eine etwas moderatere Süd- und eine anspruchsvollere Nord-Route, die schließlich in Passau wieder aufeinander treffen. Der Goldsteig ist der längste zertifizierte Qualitätswanderweg Deutschlands und zählt zu den „Top Trails of Germany“.

Da wir nur drei Tage Zeit hatten, kam die Begehung des gesamten Trails für uns allerdings nicht in Frage. Trotzdem wollten wir gerne sowohl Nord- als auch Süd-Route ausprobieren und, da wir mit dem Auto anreisen, den gleichen Start- und Endpunkt für unsere Wanderung haben.

Also entschlossen wir uns, in Passau zu starten, am ersten Tag die Südroute nach Norden bis Ruderting zu laufen, dann am zweiten Tag nach Hauzenberg an der Nordroute zu queren und am dritten Tag auf eben jener wieder nach Passau, zu unserem Ausgangspunkt, zurückzukehren.

Da wir nicht genau wussten was uns erwarten würde, planten wir die Routen eher moderat mit 16km am ersten Tag, 26km am zweiten und weiteren 26km am dritten Tag. 68km durch Eis und Schnee würde uns, je nach Schnee- und Wetterverhältnissen, vermutlich genügend auspowern.

Kurz bevor es losging erfuhren wir vom Wetterbericht, dass für den zweiten Tag eine Unwetterwarnung mit ‚orkanartigen Sturmböen‘ ausgegeben wurde. Na toll, genau das Richtige, wenn man im Wald und unter Bäumen unterwegs ist, deren Äste zusätzlich noch von Eis und Schnee belastet sind…
Wir entschieden uns, es trotzdem zu probieren. Sollte der Sturm zu stark werden, würden wir einfach auf Bus oder Taxi umsteigen und damit bis Hauzenberg fahren – soweit zumindest die Theorie…

Auf jeden Fall freuten wir uns richtig auf die folgenden 3 Tage Winterwandern auf dem Goldsteig. :-)


Vor der Wanderung stand allerdings erstmal die Planung und Vorbereitung. Denn nichts kann einem eine Fernwanderung so sehr vermiesen wie etwas Vergessenes, das man in dem Moment vermisst, in dem man es am dringendsten benötigt.

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Vorbereitung der drei Tage Winter-Wanderung auf dem Goldsteig

Glücklicherweise ist das bereits meine fünfte Mehrtages-Wandertour und so weiß ich inzwischen, was wirklich mit muss, was getrost daheim bleiben kann und was absolut unverzichtbar ist. Zu letzterem gehört zum Beispiel ein ordentliches Outdoor Navi. Das kann ein spezialisiertes Gerät sein oder einfach eine passende App für das Smartphone. Es gibt kaum etwas schlimmeres, als nach einem langen Wandertag müde und ausgepowert noch einmal drei Extrakilometer zu laufen, nur weil man aus Versehen die falsche Abzweigung genommen hat…

Und ebenso wichtig sind ordentliche Klamotten, in denen man schwitzen kann ohne hinterher zu frieren, sowie ein ordentlicher Regenschutz.

Also ging es los mit dem Packen des Rucksacks:

Was muss in den Rucksack?

  • Kleidung (in Klammern das, was ich trage)
    • 3x Unterhose/Boxershorts
      • Bei meiner ersten Mehrtages-Wanderung dachte ich noch, ich müsste das Gewicht zusätzlicher Unterhosen einsparen und genau eine Boxershorts mitnehmen, die ich dann zusammen mit Socken und T-Shirt abends in der Unterkunft wasche, so dass ich sie frisch am nächsten Tag anziehen kann. Eine schlechte Entscheidung, da man nach dem Duschen weder Lust hat, benutzte Unterwäsche anzuziehen, noch diese frisch gewaschen und noch feucht zu tragen. Außerdem merkte ich recht schnell, dass das Rucksackgewicht nicht so kritisch ist, wie ich anfangs dachte. Spart also da, wo ihr unnötiges Gewicht mit Euch rumschleppt, aber nicht da, wo Einsparen unangenehm für euch wird.
    • 2x Wandersocken aus Smartwool oder Merino Wolle
      • Wolle, egal ob Smartwool oder Merino Wolle ist – zumindest aus meiner Erfahrung – das mit Abstand beste Material für Wandersocken. Ich bekomme auch nach mehreren Stunde und Tagen auf der Wanderung keine Blasen, Druckstellen oder Reizungen, selbst wenn ich geschwitzt habe. Und nach einer Nacht an der frischen Lust riechen die Socken nach ‚gar nichts‘. Tägliches Wechseln oder Waschen ist also tatsächlich unnötig.
    • Shirt aus Merinowolle (Icebreaker 200 Merino)
      • Schon seit vielen Jahren bin ich absolut begeisterter Träger von Icebreaker Merino Shirts. Sowohl als T-Shirt auf Sommertouren wie auch als unterste Lage bei Wintertouren. Und ebenso, wenn ich im Winter mit dem Fahrrad in die Arbeit fahre. Genauso wie die Socken tragen sich diese Shirts absolut angenehm selbst wenn man schwitzt. Der Schweiß wird schnell abtransportiert und das Shirt fühlt sich niemals unangenehm kalt, nass oder klebrig an. Wichtig ist hier auch, dass es körpernah anliegt. Kauft es also nicht zu groß, dann ist es die perfekte untere Lage. Und, ebenso wie die Socken, kann man es über Tage tragen ohne dass es anfängt nach Schweiß zu riechen. Es ist nur wichtig, es über Nacht irgendwo aufzuhängen, wo es atmen und trocknen kann.
    • Funktions-Longsleeve (Odlo)
      • Noch so ein Teil, das ich seit Jahren begeistert trage. Gekauft habe ich es zusammen mit meinem ersten Icebreaker Shirt und für meine erste Mehrtagestour. Das Longsleve besteht aus Stretch-Funktions-Stoff und liegt ebenfalls hauteng an. Ohne dabei aber irgendwo zu drücken oder zu kneifen. Mehr wie eine zweite Haut. Tatsächlich spürt man es nach ein paar Minuten gar nicht mehr. Es hält warm, ohne dabei die Hitze zu stauen. Gleichzeitig führt es Feuchtigkeit sehr gut ab. Ich trage es ebenfalls auf dem einstündigen Fahrradweg zur Arbeit. Zusammen mit dem Merino Shirt und einem leichten Windbreaker reicht es, um mich bei entsprechender Bewegung bis ~0°C angenehm warm zu halten.
    • Skijacke
    • Wasserabweisende Wanderhose
      • Diese ist, so muss ich gestehen, von Aldi. Wenn ich mich recht erinnere hat sie vor einigen Jahren unter zwanzig Euro gekostet. Nichtsdestotrotz sieht sie immer noch gut aus, ist durch einen leichten Stretch-Anteil sehr angenehm zu tragen und hat bisher schon viele Wandertouren mitgemacht, ohne irgendwelche Schäden davonzutragen oder auch nur sichtbare Abnutzungserscheinungen zu zeigen. Es mag gut sein, dass es bessere Hosen gibt, aber tatsächlich war diese ein echter Glückskauf.
    • Lange Funktionsunterhose oder z.B. hautenge Winterlaufhose als untere Lage (Winter Running Tights von Nike)
      • Hatte ich dabei, aber nicht wirklich gebraucht. Allerdings hatten wir auch Glück, ein paar Tage mit Temperaturen um oder leicht unter Null Grad zu erwischen. Zwei Tage später ist das Thermometer auf -18°C gefallen. Dann hätte ich sie mit Sicherheit angezogen.
    • Skihandschuhe
    • Wanderstiefel
    • Spikes für Schuhe
      • Gerade bei Winterwanderungen kann es sein, dass Wege vereist sind. Und man sollte tunlichst vermeiden, irgendwo ‚fernab‘ der Zivilisation auszurutschen und sich etwas zu verstauchen oder zu brechen. Solche Unterzieh-Spikes sollten also auf jeden Fall mit auf die Wanderung.
    • zweites Shirt, Hemd oder Longsleeve für abends im Hotel
    • Mütze
    • Sonnenbrille
    • Regencape
  • Hygieneartikel
    • Zahnbürste
    • Zahnpasta
    • kleines Duschgel/Shampoo
    • Creme, Sonnencreme
    • Blasenpflaster
    • Normale Pflaster
    • Nagelschere
  • Essen/Trinken
    • 1-2 Wasserflaschen à 750ml oder 1l
    • 2 Energieriegel
    • Kleines Vesper für unterwegs
  • Technik
    • Smartphone
Screenshot OruxMaps Outdoor Navigation App
Screenshot OruxMaps Outdoor Navigation App
  • Navi-App samt Route und Offlinekarten (OruxMaps)
    • Der Goldsteig ist sehr gut ausgeschildert. Trotzdem kamen wir öfters in Situationen, in denen wir vor einer großen Wiese, Waldlichtung oder Bergkuppe standen und nicht wussten, wo es weiterging. Der Weg war an diesen Stellen nicht ausgezeichnet, schlicht weil er im Sommer eindeutig sichtbar ist. Im Winter, unter Schnee verborgen, war es jedoch ein reines Ratespiel. Das waren die Situationen, in denen wir sehr froh über unsere Outdoor Navigations App waren. OruxMaps selber ist kostenlos (wenn man die App mag, kann man spenden) und bietet auch die Möglichkeit, Offlinekarten kostenlos herunterzuladen. So kann man das Navi auch komplett offline nutzen. Eine äußerst praktische Option, wenn man schlechten oder keinen Empfang hat.
  • Ladegerät/kabel
  • PowerBank
    • Eine PowerBank ist quasi eine mobile Ladestation bzw. ein ‚Ersatzakku‘ für das Smartphone. Ich habe auf Wanderungen immer eine dabei, da ich nicht in die Situation kommen will, abends, wenn ich meine Übernachtungsstation suche, ohne Smartphone und damit ohne Navi dazustehen.
  • Stirnlampe
    • Sehr wichtig! Auf Wanderwegen stehen in der Regel keine Straßenlaternen und gerade im Winter wird es teilweise schon kurz nach vier dunkel. Und oft verschätzt man sich mit der Laufzeit, kehrt länger oder öfter irgendwo ein oder hat sich unterwegs verlaufen und kommt unerwartet in die Dunkelheit. Dann ist man heilfroh, eine Stirnlampe dabei zu haben. ;-)
  • Sonstiges
    • Geld, EC-Karte, Kreditkarte, Ausweis, Krankenkassen Karte
    • Rucksack
    • Regenhülle für den Rucksack

Tourenplanung

Wie oben schon beschrieben, entschlossen wir uns, von Passau aus einen Tag die Südroute zu laufen, dann zur Nordroute zu queren und auf dieser am dritten Tag wieder nach Passau zurückzukehren. Um den Überblick nicht zu verlieren, würden wir eine Outdoor-Navi-App benutzen. Da unsere Tour jedoch – zumindest am zweiten Tag – keine „Standard“-Route ist, habe ich im Vorfeld die Routen für alle drei Tage auf Outdooractive.com erstellt. Das geht super-einfach und man kann sie sich anschließend als .gpx Datei aufs Smartphone laden. Das ist übrigens etwas, das ich vor jeder größeren Wanderung mache. Last but not least alleine schon wegen der Funktion, sich den restlichen Weg bis zum Ziel anzeigen zu lassen. Auf dem Screenshot oben seht ihr dies in der linken oberen Ecke (4,15 km).

Anreise und Übernachtung

Passau ist sehr gut per Bahn wie auch mit dem Auto erreichbar. Solltet ihr mit dem Auto anreisen, gibt es einige kostenlose Parkplätze am und in der Nähe des Goldsteigs. Macht Euch am besten vorher über Google Maps schlau.

Übernachtet haben wir beide Nächte in Hotels, wobei wir einmal knapp 80 Euro, beim zweiten Mal 70 Euro bezahlt haben. Jeweils für uns beide zusammen und inklusive Frühstücksbuffet. Einige Übernachtungsmöglichkeiten hatten im Winter geschlossen oder haben an 3-4 von 7 Tagen in der Woche Ruhepause. Macht Euch also besser vorher schlau, wer und was offen hat und reserviert vor. Es erspart einem schlicht die nervige Sucherei nach einer Übernachtungsmöglichkeit von unterwegs.


Der erste Tag auf dem Goldsteig

Route

Bericht

So, nun ging es also wirklich los.

Passau empfing uns mit bewölktem Himmel aber klarem und relativ warmem Wetter. Es ging ein leichter Wind, aber auch dieser nicht unangenehm. Passau selber ist eine sehr schöne Stadt und ich nehme mir vor, im Sommer noch einmal wiederzukommen.

Für den ersten Tag stehen knapp 16 Kilometer auf dem Programm. Im Sommer würde ich dafür ungefähr 3,5 Stunden brauchen. Bei normaler Gehweise wandere ich mit etwa 4,5 km/h. Mal schauen, wie viel es im Winter werden. Auf jeden Fall ist es eine Strecke zum Warmlaufen. Da wir erst kurz vor Mittag loslaufen, sollten wir, inklusive Einkehren, mit Einbruch der Dunkelheit in Ruderting ankommen.

Nach kurzer Zeit sind wir aus Passau draußen und laufen durch eine leicht angepuderte, aber noch nicht so richtig tief verschneite Winterlandschaft. Die Strecke ist, wie erwartet, sehr gut ausgeschildert und gut begehbar.

Die meiste Zeit laufen wir an dem Flüsschen Ilz entlang. Wir haben links den Wald und rechts den Fluss. Alles leicht mit Schnee überzogen. Etwas flussaufwärts von Passau kommen wir an den Ilzstausee. Dieser ist zugefroren und einige Schlittschuhläufer und Eishockeyspieler sind darauf unterwegs. Ebenso eine Gruppe Männer, die Eiscurling betreiben sowie Spaziergänger mit und ohne Hund. Ein idyllisches Bild. Das Passau zugewandte Ende des Stausees ist damit ziemlich bevölkert. Die einzige Stelle heute, auf der wir nennenswert Menschen begegnen.

Anschließend zieht sich der Weg weiter am Stausee entlang bis er sich wieder zur Ilz verjüngt. Dieser folgen wir bis es links nach Ruderting abzweigt.

In Ruderting kehren wir im Café der Bio-Bäckerei Wagner ein. Gar nicht leicht zu finden, da man zum Café erst durch den Bio-Supermarkt und anschließend durch die Bio-Bäckerei durch muss, lernen wir es nur durch den Tipp einer netten Rudertingerin kennen. Die dortige leckere Mais-Tagessuppe sowie das Stück Himbeertorte und zwei große Milchkaffee bilden jedoch einen gelungenen Schlusspunkt für die heutige Anfangsetappe.

Nach dieser Stärkung laufen wir die letzten paar hundert Meter zum Schätzlhof, wo uns ein leckeres Abendessen erwartet und wo wir heute übernachten werden.

Resümee:

16 km waren als Anfang genau richtig. Es war lang genug, um als ‚echter Wandertag‘ empfunden zu werden, jedoch nicht so lange, um uns gleich am ersten Tag zu überfordern. Zum ‚Warmlaufen‘ also perfekt. Die Strecke war wunderschön, relativ leicht begehbar mit vielen, dafür aber kurzen und eher flachen An- und Abstiegen.

Das Wetter und die Wegverhältnisse waren eher wie eine Mischung aus Herbst und Winter als wie eine ‚richtige‘ Winterwanderung. Schauen wir mal, wie es morgen weitergeht.

Impressionen vom ersten Tag auf dem winterlichen Goldsteig

Winterwandern Goldsteig - Erster Tag
Am Ende von Passau – die ersten Schritte auf dem Goldsteig
Winterwandern Goldsteig - Erster Tag
Die ersten Kilometer auf dem verschneiten Goldsteig
Winterwandern Goldsteig - Erster Tag
Der zugefrorene Ilzstausee
Winterwandern Goldsteig - Erster Tag von Passau nach Ruderting
Wunderschöne Impressionen vom winterlichen Goldsteig

Der zweite Tag auf dem Goldsteig

Route

Bericht

Der erste Blick aus dem Fenster bringt es gleich knüppeldick. In der Nacht hat es gute 30 cm Neuschnee geschneit, der Himmel ist wolkenverhangen und Nebel steht über den Wiesen. Als ob das noch nicht reicht, sind für heute Sturm- und Orkanböen angesagt.
Also genau das Richtige, um durch einen tief verschneiten Wald zu wandern…

Winterwandern Goldsteig - Verschneiter Morgen
Der morgendliche Blick aus dem Fenster auf 30 cm Neuschnee und die Ruhe vor dem Sturm

Wir entschließen uns, trotzdem weiterzumachen. Sollte der Sturm zu stark werden, steigen wir auf Bus oder Taxi um und fahren des Rest des Wegs bis Hauzenberg, wo unsere heutige Übernachtung steht.

Kurz nach acht Uhr geht es frisch gestärkt und mit gemischten Gefühlen los. Es ist völlig windstill – die Ruhe vor dem Sturm. Da wir heute von der Süd- auf die Nordroute queren werden wir durch mehrere Ortschaften kommen. Es sollte sich also immer wieder die Möglichkeit zur Einkehr wie auch für Bus und Taxi bieten.

Die erste Überraschung erwartet uns am Ortsrand von Ruderting. Dort, wo eigentlich der Wanderweg verlaufen sollte, sind nur tief verschneite Felder. Außer einem einsamen Wegweiser, der in Richtung Waldrand zeigt, ist vom Weg nichts zu sehen. Wieder etwas, das man beim Winterwandern berücksichtigen sollte. Es wird übrigens nicht das letzte Mal sein, dass wir uns Schneeschuhe wünschen werden…

Winterwandern Goldsteig - Wanderweg unter Schnee verschwunden
Der Wanderweg ist unter Schnee verschwunden

Aber am Ende hilft es nicht – wir müssen da lang. Glücklicherweise haben wir uns die Strecke vorher aufs Smartphone geladen, so dass wir den Weg auch ohne ‚Sichtkontakt‘ finden.
Und tatsächlich macht es Spaß! :-)
Zwar ist es anstrengend, durch den hohen Schnee zu laufen, aber man fühlt sich ein wenig wie in der Kindheit, wenn man durch den Schnee getobt ist. Und ein bisschen fühlen wir uns wie die einzigen Menschen auf der Welt. Was wir, zumindest im näheren Umkreis, vermutlich tatsächlich sind.

Nachdem wir eine Weile unterwegs sind, verzieht sich der Nebel und uns wird plötzlich bewusst, dass wir jetzt genau durch so eine Winter-Märchen-Landschaft laufen, wie wir es uns vorher vorgestellt haben. Es ist teilweise fast schon surreal schön. Jeder kleine Ast im Wald ist mit sauberem, weißem Schnee bedeckt. Alle Geräusche werden geschluckt und man hört nur das leise und monotone Knarzen des Schnees unter unseren Wanderstiefeln. Die Wege sind unberührt bis auf wenige Tierspuren im Schnee und wenn sich die Wipfel der Bäume über dem Weg zusammenschließen, kommen wir uns manchmal vor wie in einem Schneetunnel.

Winterlandschaft Goldsteig
Winterlandschaft Goldsteig

Gegen Mittag haben wir die Hälfte der knapp 25 km der heutigen Strecke geschafft und kehren auf Butterbrezn, Schoko-Croissant und Milchkaffee in eine Bäckerei mit ein paar Tischen ein. Wir hätten die Möglichkeit zur Einkehr bereits 2 Stunden früher gehabt, als wir an einem großen Bauernhof vorbei kamen und gefragt wurden, ob wir nicht Lust hätten, beim gleich stattfindenden ‚10-Uhr-Bier‚ dabei zu sein. Nicht, dass wir keine Lust gehabt hätten, aber in Anbetracht der restlichen Strecke, sowie des angekündigten Sturms, wollten wir doch so rasch wie möglich weiterkommen, also lehnten wir bedauernd und dankend ab.

Trotzdem war diese Einladung symptomatisch für die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Leute, denen wir überall auf dem Weg begegneten. Sei es in den Cafés, wo wir interessiert zu unserer Wanderung befragt wurden oder am dritten Tag an der Grafmühle, wo wir trotz Mittagspause auf einen Kaffee hereingebeten wurden.

Nach unserer Mittagspause hatte der Wind deutlich aufgefrischt. Zwar war es noch kein Sturm, aber in Kombination mit dem Graupel, der da vom Himmel kam, eine ziemlich unangenehme Kombination für ungeschützte Körperteile, wie das Gesicht.

Winterwandern Goldsteig - Orkanböen
Die ersten Sturmböen kommen

Trotzdem wollten wir nicht auf Bus oder Taxi umsteigen. Einerseits war da der Wille, den Weg zu schaffen, andererseits Straßen, die so zugeschneit waren, dass wir ernsthaft Bedenken hatten, ob überhaupt ein Taxi gekommen wäre, hätten wir eines gerufen. Und dass wir in vielen Weilern gar keine Bushaltestellen gesehen hatten, nährte die Zuversicht auch nicht gerade.

Und tatsächlich muss ich gestehen, machte es Spaß. Draußen in der rauhen Natur zu sein, bei Sturm, Schnee, Graupel und Eis und ohne Möglichkeit, mit einem Schritt in ein mollig warmes, sicheres Auto zu steigen, hatte etwas Ursprüngliches. Der Begriff ‚Zurück zur Natur‚ bekam hier plötzlich eine ganz andere Bedeutung, als im Sommer auf einer Decke im Park liegend. Auf eine gewisse Art war es – wie soll ich sagen – befriedigend und befreiend…
Auf jeden Fall war es keine Option für uns, jetzt abzubrechen. :-)

Trotzdem waren wir froh, abends müde und abgekämpft aber glücklich in Hauzenberg anzukommen. Hauzenberg ist ein süßes kleines Städtchen mit einem kleinen Hügel in der Mitte auf dem, wie nicht anders zu erwarten war, unsere Herberge ‚Zum Stemplinger Hans‚ für die zweite Nacht stand. Urig und rustikal eingerichtet, mit knarzenden Treppen und Holzfußboden war es unglaublich gemütlich. Und auch das Frühstück im Gewölbesaal mit Blütenbutter, Energiewasser und ganzen Honigwaben war genau der richtige Start in den dritten und letzten Wandertag.

Echte Honigwaben zum Frühstück

Resümee

Der zweite Tag war ein Wechselbad der Gefühle. Morgens grau in grau gestartet, über Winter-Wunder-Landschaften, im Schnee versunkene Wege und schmerzhafte Graupelschauer bis hin zu der Befriedigung abends, nicht aufgegeben zu haben. Und dabei stets den angekündigten Sturm im Nacken, der dann glücklicherweise doch nicht so stark kam, wie angekündigt. Auch wenn wir uns ein paarmal an diesem Tag gefragt hatten, warum wir das hier eigentlich machen, waren wir abends doch froh und stolz darauf, nicht abgebrochen zu haben. Und auch die Intensität, mit der wir die Natur an diesem Tag erlebt und gespürt haben, hat die persönliche Perspektive mal wieder ein wenig gerade gerückt.

Impressionen vom zweiten Tag auf dem Goldsteig

Winterwandern Goldsteig - Fluss mit Eis
Goldsteig – die winterliche Ilz
Winterwandern Goldsteig - Zweiter Tag
Goldsteig im Winter
Winterwandern Goldsteig - Es hat geschneit

Der dritte Tag auf dem Goldsteig

Route

Bericht

Der dritte Tag startete, wie bereits erwähnt, mit einem tollen Frühstück. Neben Energiewasser und Honigwaben gab es eine verblüffend große Auswahl an Backwaren. Von Brot über verschiedene Semmeln bis hin zu Nussschnecke & Co. war alles vertreten, was das Herz begehrt. Das lag, wie wir beim Gehen feststellten, daran, dass unser Hotel eine eigene Bäckerei hatte, die schier unerschöpflichen Nachschub liefern konnte.

Solchermaßen gestärkt starteten wir also zu unserer letzen Etappe auf der Nordroute des Goldsteigs in Richtung Passau. Diese würde uns über 26 km und 520 Höhenmeter durch größtenteils Natur wieder an unseren Ausgangsort zurückbringen. Zwar lagen auch wieder einige Orte auf unserem Weg, diese würden wir jedoch nur streifen, so dass es mit Einkehrmöglichkeiten heute eher mau aussah. Wir beschlossen, erst in Kellberg Rast zu machen, was wir am frühen Nachmittag erreichen sollten. Würden wir unterwegs wider Erwarten doch noch etwas finden, umso besser. Zwar gab es zwei oder drei am Weg gelegene Ausflugsziele, jedoch gingen wir nicht davon aus, dass diese offen haben würden.

Das Wetter war uns, wie bereits am ersten Tag, erneut hold. Gegen Nachmittag kam sogar die Sonne hervor und schenkte uns einige warme Strahlen und leuchtenden Schnee.

Die dritte Etappe war landschaftlich eindeutig die schönste unserer Drei-Tage-Wanderung. Der Weg führte lange am Staffelbach entlang, der sich am Grund eines leicht eingeschnittenen Tals inmitten einer traumhaft schönen, lichten Waldlandschaft entlang schlängelt. Auf dem Weg waren viele Tierspuren zu sehen, bis hin zu den verblüffend großen eines Bibers, der sich aus dem Fluss kommend, über den Weg und bis hin zu einem Baum vorgerobbt hatte, um dort ein wenig am Stamm zu nagen. Unter ‚Impressionen‚ etwas weiter unten findet ihr die Bilder.

Winterwandern Goldsteig - 3. Tag von Hauzenberg nach Passau
Staffelbach

Vom  Staffelbach aus ging es hinauf auf und über eine Bergkuppe, von der aus man einen grandiosen Blick über die Landschaft hatte. Auch hier war der Weg wieder komplett unter Schnee verschwunden und wir waren froh, unser Navi dabei zu haben.

Winterwandern Goldsteig - Blick von der Bergkuppe
Blick von der Bergkuppe

Insgesamt führten auch an diesem Tag lange Strecken des Wegs durch ‚tiefen‘ Schnee, der meistens über die Knöchel hinaus bis zur unteren Hälfte der Schienbeine reichte. Das ging relativ gut, da die Wanderhose lang genug war und so die Socken trocken blieben, sollte vom Kraftaufwand her allerdings nicht unterschätzt werden. Für die nächste Winterwanderung werden wir ernsthaft überlegen, Schneeschuhe mitzunehmen.

Wie zu erwarten war, hatten beide Ausflugslokale, an denen wir vormittags und mittags vorbeikamen geschlossen. Die richtige Enttäuschung erwartete uns allerdings in Kellberg, dem Ort, in dem wir einkehren wollten.
Alles hatte zu.
Und in diesem Fall bedeutete ‚alles‘ tatsächlich alles. So war der Bäcker geschlossen, ohne irgendwelche Hinweise auf Öffnungszeiten. Gegenüber der Touristeninformation fanden wir ein kleines Schild zu einem Café, ohne jenes selber jedoch finden zu können. Die Pizzeria hatte zu, ebenso wie der Landgasthof, welcher, zumindest nach eigenem Aushang, zu dieser Mittagsstunde eigentlich hätte offen haben müssen. In unserer Not entschieden wir uns, uns etwas in dem ortsansässigen Edeka zu holen, vor dessen ebenfalls verschlossenen Türen wir dann erfuhren, dass jene noch anderthalb Stunden bis zum Ende der Mittagspause geschlossen bleiben würden. Also zogen wir unverrichteter Dinge und mit knurrendem Magen weiter in Richtung Passau.

Gute 20 Minuten später kamen wir dann an jener besagten Grafmühle vorbei, wo man Erbarmen hatte und uns, trotz Mittagspause, auf Kaffee und Kekse hereinbat.

Frisch gestärkt waren die letzten Kilometer bis Passau noch ein gelungenes und angenehmes ‚Auslaufen‘ auf größtenteils geräumten und leicht abschüssigen Radwegen, die den Rest der Etappe nur so vorbeifliegen ließen.

Impressionen von der Schlussetappe des Goldsteigs

Winterwandern Goldsteig - 3. Tag von Hauzenberg nach Passau
Impressionen vom winterlichen Goldsteig
Winterwandern Goldsteig - Biber Spuren im Schnee
Winterwandern Goldsteig – Biberspuren im Schnee
Winterwandern Goldsteig - Baum mit Biberspuren
Winterwandern Goldsteig – Baum mit Biberspuren
Winterwandern Goldsteig - 3. Tag von Hauzenberg nach Passau
Impressionen vom winterlichen Goldsteig

Fazit unserer 3-Tage-Winter-Wandertour auf dem bayerischen Goldsteig

Um es auf den Punkt zu bringen: Die letzten drei Tage auf dem Goldsteig waren wahnsinnig schön, beeindruckend, anstrengend, intensiv, meditativ, beruhigend und erlebnisreich. Wir hatten den Kopf so voller toller Bilder wie schon lange nicht mehr. Wir hatten die Natur so intensiv in allen ihren Facetten erlebt wie es im ‚Normalleben‘ in der Stadt, im Büro, Haus oder Auto gar nicht möglich ist. Wir haben mal wieder ein Gefühl für den eigenen Körper entwickelt und erlebt, wie leistungsfähig er ist. Es war außerdem ein tolles Training mit 68 km und 1500 Höhenmetern durch teils tiefen Schnee, das einen auch das eigene Herz mal wieder spüren ließ.

Wir haben viele sehr nette Menschen auf dem Weg getroffen und wurden, egal wo wir hin kamen, immer sehr freundlich empfangen.

Alles in allem also eine richtig tolle Gelegenheit, mal rauszukommen und sich selbst etwas wirklich Gutes zu tun.

Wir können es also nur empfehlen: Nehmt Euch einen Freitag oder Montag frei und lauft ein langes Wochenende auf dem Goldsteig. Ihr werdet es ganz sicher nicht bereuen :-)

Prädikat: Absolut empfehlenswert :-)


Noch mehr Bilder vom Goldsteig im Winter

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